Immer auf der Lauer liegend: Über die Psychologie der Wokeness

Immer auf der Lauer liegend: Über die Psychologie der Wokeness

Ganz ehrlich, manchmal kann ich das Wort ,,woke" nicht mehr hören, obwohl ich es selber verwende.
Exzessive Kulturkämpfe können ermüden.
Ständig hört man jetzt von Wokeness und noch lang nicht jeder weiß, was das eigentlich genau bedeutet.
Oftmals hat man aber eine grobe Ahnung darüber.

Von Esther Bockwyt
Vor jeder Besprechung der Wokeness, die man, ginge es nach einigen ihrer Verfechter, als solche nicht mehr benennen soll,
steht sinnvollerweise so etwas wie eine Definition des Phänomens.
In derjenigen des Dudens die woke als ,,im hohen Maß politisch wach und engagiert gegen (insbesondere rassistische, sexistische, soziale) Diskriminierung" beschreibt, findet man aus psychologischer Sicht schon einen Hinweis auf das potentiell Ungesunde:
Wer im Übermaß wach und engagiert ist, kommt nicht zur Ruhe. Er scheint eher auf der Lauer zu liegen.

Doch der Duden erlaubt keinen Hinweis auf die der Bewegung zugrundeliegende Weltanschauung:
Eine zutiefst negativistische, rückschrittliche.
Strukturelle allumfassende Diskriminierungen, nicht ausschließlich rassistischer, auch sexistischer oder ableistischer Art sollen westliche Gesellschaften in ihrem Kern prägen.
Weiße, heterosexuelle, männlich ,,Positionierte" verfügten über Privilegien, die sie sich nicht eingestehen wollten, um die bestehenden Machtverhältnisse aufrechtzuerhalten.
Letztere, so die woke Forderung, müssen grundlegend aufgelöst und umgekehrt werden.
Rassismus gegen Weiße gäbe es nicht, aber einer der prominentesten Anti-Rassismuskämpfer, Ibram X. Kendi argumentiert für ein Racheprinzip und meint, neue Diskriminierungen könnten die aus der Vergangenheit auslöschen, es brauche ein diskriminierendes Staatswesen.

Konkrete Folgen bzw. Umsetzungen des woken Glaubens manifestieren sich auch jetzt schon in ,,sicheren Orten" (safe spaces) für die Minderheitengruppen, in der Bereinigung der Sprache, von Kulturinhalten (Bücher, Filme, Straßennamen etc.) und in personenbezogener Cancel-Culture. Also in ausgeprägten Reglementierungen der Sprache, Kultur und des zwischenmenschlichen Umgangs, weshalb ich Wokeness auch als Planwirtschaft des Gefühls bezeichne.
Das Gefühl fällt in die Profession der Psychologie, der ich angehöre.
Und die hätte, so sollte man meinen, eigentlich Einiges zur Wokeness zu sagen, wäre da nicht das schon existente Eingesickern woker akademischer Theorien in fast alle Studiengänge. Und das alles überschattende Mantra der Diversity als an sich unangreifbarer Wert,
dem sich alles andere, auch die wissenschaftliche Suche nach Wahrheit, unterzuordnen hat.

Aus psychologischer Sicht fällt am woken Menschen- und Weltbild gleich Mehrfaches auf:
Eine zutiefst demotivierende Perspektive auf das Leben von Menschen, immerzu mit Fokus auf eine externale,
eine von außen kommende Schädigung des als vulnerablen Opfer verstandenen Individuums, das stets vor unangenehmen,
kränkenden Empfindungen, die als schädigend und traumatisierend verstanden werden, geschützt werden muss. (Depressiver Aspekt)
Eine Verstärkung emotionaler Zerbrechlichkeit gepaart mit überhöhtem Narzissmus,
der identitär um sich selbst kreisend das Feindbild des ,,alten weißen Mannes" in der Hierarchie der vermeintlich Privilegierten braucht,
um eine aggressiv motivierte Abwertung des anderen zu rechtfertigen, dabei in Schwarz-Weiß-Schablone das Schlechte stets in das Fremde und in die gesamte - als per se diskriminierend und mit multiplen Problemlagen behaftet - wahrgenommene gesellschaftliche westliche Struktur projizierend. (Narzisstischer Aspekt)

Eine Demotivierung des Menschen zur erwachsenen Übernahme von Verantwortung, Minderung von Widerstandsfähigkeit und auf Seiten der vermeintlich Unterdrückten und Benachteiligten Implementierung eines Dauergefühls von hilfloser Wut und verbitterter Unzufriedenheit,
die man wiederum mit Klagen und Angriff zu bewältigen versucht.
Auf Seiten der vermeintlich Privilegierten entstehen durch projektive Identifizierung mit den Vorwürfen entweder ungesunde Schuldgefühle und Unterwerfung oder im gesünderen Falle trotzige Reaktanz. (Aggressiver Aspekt)

Im Versuch einer planwirtschaftlich anmutenden Regulierung und Kontrolle menschlicher Gefühle, Verhaltensäußerungen und Gedanken sowie der zwischenmenschlichen Beziehungen mit Liebe zum Gebot und Verbot führt Wokeness zu einer zwanghaft-rigiden Einengung des menschlichen Erlebensfreiraums. Dabei in einer niemals endenden Ausweitung, weil nicht erreichbaren Perfektion (es finden sich immer weitere vermeintliche Diskriminierungs- und Unterdrückungsformen) Veränderungen um des puren Veränderns willen anstebend.
Bei Ablehnung des Bewährten und Gewohnten aber im Endeffekt mit der unterkomplexen Aufteilung der Menschheit in Täter und Opfer zu Spaltung zwischen Menschen und mittels ,,sicherer Orte", safe spaces zu Gruppenseparierungen beitragend. (Zwanghafter Aspekt)

Mit ihren system-umstürzlerischen Energie und der ,,Alles-ist-relativ"-Leugnung von zum Gefühl dissonanten Realitäten,
raubt Wokeness Menschen ihren halt- und sicherheitsspendenden Boden, eine gemeinsame,
verbindende Wirklichkeit und damit ein wesentliches menschliches Grundbedürfnis. (Histrionischer Aspekt)

Nach Jahren des exzessiv moralisierenden Einflusses auf das menschliche Über-Ich bleibt aus psychologischer Sicht vor allem eines deutlich zu sagen:
Fühlt Euch nicht schuldig, hinterfragt Eure Privilegien nicht.
Echte Empathie und Hilfsbereitschaft entstehen nicht durch moralisierende Erziehung,
sie kommen von allein, denn sie sind im Menschen schon angelegt.
Genau wie die Vielfalt, in den spannenden Erscheinungen der Evolution.
Man muss sie nicht erst erzwingen.


Mehr von Ester Bockwyt fidet Ihr hier!

@Esther Bockwyt
01.03.24
Kommentare
  • 05.03.2024 10:25
    Sehr geehrte Frau Bockwyt,

    Herzlichen Dank für Ihr Statement gegen den Strich der veröffentlichten Meinung. Ich bin schon sehr gespannt auf die Lektüre Ihres Buches. Ich persönlich befinde mich in Sachen „Wokeness“ in einer Zwickmühle: Ich teile die Kritik an der Unterdrückung von Minderheiten und der Dominanz einer weißen, männlichen Gruppen-Identität, nicht aber die Antwort der Wokeness- und Gender-Aktivisten auf dieses Problem. Deren Antwort muss ich vielmehr gerade aus dem Grund ablehnen, WEIL ich ihre Kritik teile – die Antwort verfestigt nämlich nach meinen Beobachtungen das Problem, das sie zu bekämpfen vorgibt.

    Nachdem ich im beruflichen Umfeld diverse Workshops zum Thema erleiden musste und dabei unter anderem lernte, dass es sich in meinem Fall zunächstmal um eine „Person mit Penis“ handelt, bin ich den theoretischen Grundlagen dieser Bewegung auf den Grund gegangen, bis hin zum Postmarxismus und anderen Motiv-Gebern. Die ideologische Kernaussage von Wokeness, Gender und Cultural Studies lässt sich demnach auf den folgenden Punkt bringen:

    Es gibt keine menschliche Individualität. So etwas wie „Persönlichkeit“ existiert nicht. „Identität“ ist niemals Einzahl, existent (im Sinne einer „Konstruktion“) sind vielmehr ausschließlich die Gruppen-Identitäten. Was wir „Individuum“ nennen, ist in Wahrheit eine Schnittmenge von Gruppen-Definitionen. Serdar Somuncu z.B. ist eine Schnittmenge aus Deutscher, Türke, Penis-Träger usw. Was wir „Kultur“ nennen, ist deshalb in Wahrheit ein Krieg um die rechtliche und wirtschaftliche Begünstigung solcher Gruppen-Identitäten. Die Gender-Bewegung will deshalb den Gruppen, die bislang weniger profitierten, das Kriegsgerät in die Hand geben, andere Gruppen im "Kulturkampf" niederzuringen. Weil jedes Individuum aber konstruiert ist aus solchen Gruppen-Definitionen, ist dieser Krieg gleichbedeutend mit der Umgestaltung des Menschen – das „Individuum“ ist nicht Träger der Gesellschaft, sondern umgekehrt das „Produkt“ z.B. von Sprachregelungen. Radikale Vertreter der Bewegung gehen dabei so weit, die Rückbildung von Geschlechtsmerkmalen durch entsprechende Sprachgewohnheiten zu prophezeien.

    Das heißt, Wokeness bzw. Gender / Cultural Studies tritt gerade nicht für Diversität ein und ist alles andere als „modern“. Zeitgemäß wäre es nämlich zu sagen: Wir können den Menschen nicht durch Gattungs-Begriffe verstehen, weil der Mensch eben kein Gattungs-Wesen ist. Jedes Individuum ist vielmehr eine Gattung für sich, und von dieser absolut gesetzten individuellen Freiheit leiten wir die Menschenrechte ab. Die Zeit, in der ich Herrn Somuncu begreifen kann, indem ich mich frage, ob er Deutscher, Türke, hetero oder Schauspieler ist, ist endgültig vorbei. Wir schaffen den weißen, privilegierten Mann ab, indem wir Gruppen-Zugehörigkeiten überwinden und zur wahren menschlichen Identität vordringen. Jedes Individuum ist ein Rätsel, an dem wir jeweils aufwachen, und das wir jeweils für sich genommen neu verstehen müssen. Und alle diese Individuen haben jeweils die gleichen Rechte, ob sie nun als Frau, schwul, Raucher oder als etwas ganz Anderes in Erscheinung treten, dass wir uns noch gar nicht ausdenken können. Wokeness macht jedoch das genaue Gegenteil: Es verbietet den Begriff der freien Persönlichkeit, erlaubt nur Gattungs-Begriffe, erweitert die bestehenden Gruppen-Konstruktionen um ein paar weitere, und bringt diese dann in Stellung gegeneinander. Es beraubt der freien Persönlichkeit seiner Rechte – endgültig.

    Insbesondere für Erziehung und Bildung hat dies fatale Folgen. Dabei ist die Angst vieler Eltern vor einer „sexuellen Umerziehung“ ihrer Kinder allerdings eine Nebelkerze, weil das eigentliche Problem woanders liegt und viel gravierender ist: Die Heranwachsenden werden von den Pädagog*innen als einmalige Individualitäten überhaupt nicht mehr gesehen oder wertgeschätzt, sondern bekommen stattdessen das Angebot, auf einem Markt der Möglichkeiten aus den von Erwachsenen vordefinierten Kategorien zu wählen und diese dann mit ihrer „Identität“ zu verwechseln. Menschenbildung nach dem Baukasten-Prinzip. Und die Erwachsenen halten sich für furchtbar „divers“, weil sie nur in ihren eigenen Vorstellungen leben und für die jeweilige Individualität absolut unempfindlich geworden sind. Das systematischen Übersehen des „Ich“ der Heranwachsenden bewirkt jedoch einen tatsächlichen Rückzug dieses „Ich“, und das Ergebnis sehen wir dann in der Politik, nämlich in der zunehmenden Unmöglichkeit, den jeweils anderen zu verstehen. So wird die zum „Krieg“ erklärte Kultur letztendlich auch äußerer, militärischer Krieg.

    Herzliche Grüße
    Johannes Mosmann
  • Mr.T
    04.03.2024 19:48
    Sehr guter Blog. Ich kannte die Autorin bisher nicht, finde ihren Ansatz aber sehr interessant und vor allem auch gut nachvollziehbar. Werde ihr Buch auf meine Wishlist setzen, das Thema wird mit Sicherheit in den nächsten Jahren nicht an Relevanz verlieren.
Schreibe einen Kommentar
Datenschutzhinweis
The same faces always follow me on the streets of Berlin: Marie-Agnes Strack-Zimmermann in the Christian Lindner memorial black and white; Sahra Wagenknecht, who has only mastered a single facial expression in photos for fifteen years and is not running at all in the European elections; or Katharina Barley, who is apparently so unknown as the top candidate for the European elections that Olaf Scholz is standing by her side on the posters, so that the passing mob at least develops a rough idea of what this mysterious Ms. Barley is all about.

However, it's also exciting who doesn't advertise with the faces of their candidates: the CDU knows full well that it can't win much ground with the likeness of Ursula von der Leyen. The Christian Democrats are focusing on their core competence: airy casings that somehow sound delicious, the potato soup among the slogans, consisting of empty carbohydrates and still warm. "For a Germany in which we live well and happily" was the motto of the 2017 federal election. Today: "For a Europe that protects and benefits." Sexy.

First and foremost, we are dealing with great theater. The Germany in which we live so well and happily believes that its population has very little influence over their own interests. We are free to change staff every four years, although the overall shifts are rather manageable in most cases due to the five percent hurdle - much more than that is up for debate. Once they have made themselves comfortable in their seats, the politicians primarily do what they want. If they do nonsense, you have to wait until the next election to be able to sanction them for it. The population is only allowed to participate in the debate on Twitter or TikTok.

There are no means of driving out a politician who throws his principles and election promises overboard in a very short space of time - otherwise the Green faction in the Bundestag would be significantly smaller today. In addition, there is the planned electoral law reform to reduce the size of the Bundestag, which, however, primarily targets direct mandates from smaller parties. Here alone one could speak of a gross break with the will of the voters, after all, the common voter is not just there to shift percentages, but to make his or her voice heard.

The structures at the European level in particular are almost absurdly opaque. At five-year intervals, citizens are counted to cast a vote primarily in favor of leaving them alone for the next five years. There is a good tradition of deporting failed or simply annoying former federal politicians to Brussels in order to keep them busy there with twice the workload of meeting weeks and thus practically silence the local discourse. Meanwhile, the future of all of us is being decided in Europe - and we know next to nothing about it! Via text message, Ursula von der Leyen is costing taxpaying EU citizens billions and billions of euros for a vaccine that over time turned out to be significantly less effective than was initially assumed. A single company benefited greatly from the biggest crisis since the Second World War.

One hears again and again that the legislative periods, especially at the federal level, are too short to actually change anything. We should only elect the German Bundestag every five or even six years to give the poor politicians the time to implement their plans in peace. The logical error here is obvious: governments are completely free at any time to make future-oriented decisions, the benefits of which will only become apparent long after the current legislative period - but they consciously decide against it in order to promote populist fast food based on surveys. to pursue politics that are intended to maintain one's own power.

It is better to push the unpleasant things into the next legislature. After all, you want to decorate yourself with immediate, small successes. However, why this should be a problem for voters is completely unclear. Shouldn't we expect more from our elected representatives to get off their high horse and commit themselves to the German people instead of just keeping their own chair warm? Is it the voter's fault if Lauterbach pulls off a patchwork bureaucratic monster of cannabis legalization in order to be celebrated as a pioneer?

In his well-read pamphlet "Screw Selflove, Give Me Class War," the author Jean-Philippe Kindler describes our democracy as "capitalism with elections." So while the personnel changes, politicians, as soon as they get into positions of power, despite all the loud promises of unshakable ideals, end up serving the corporations. This is rarely as obvious as when the FDP leads the finance ministry. The AfD, which sells itself as social, also repeatedly talks about not wanting to tax wealthy people or companies more heavily under any circumstances. Commitment to the needs of the much-discussed (and rarely actually addressed) "little man" on the ass. In view of the draft law on the Promotion of Democracy Act, which, depending on its interpretation, can also be misused to stifle criticism of the government by citing a threat to the state. Imagine if such a law were in force under an AfD-led government.

Anyone who walks through the streets in Berlin is stared at by posters with slogans such as "Give Prosperity a Voice" (CDU), "Against Hatred and Incitement" or "For Moderation, Center and Peace" (both SPD) - absolutely meaningless turnip stew formulations - or: "Education: first line of defense of democracy." Of course a poster from the FDP, whose top candidate Marie-Agnes Strack-Zimmermann cannot deviate from the war rhetoric even when it comes to educating people to become politically informed, responsible citizens . But it is of course welcome that the FDP wants to work for better education, because things are extremely bad in Germany. There are even said to be well-known female politicians in government parties whose reading skills are apparently so limited that they consider Mother Courage to be a positive identification figure.

As I said, it is true that most governments achieve little that will change the world in the four years they are given. However, that doesn't mean you shouldn't try. Unfortunately, we are observing a completely discouraged government that is not providing any answers to pressing questions about the future. In a rule by the people, we would actually be counted on to assert our civic duty beyond the ballot box to vote on individuals. We have the instrument of the referendum for this purpose. But anyone who walks across the streets in Berlin and observes election posters cannot help but remember the last referendums here in this city:

On May 25, 2014, a referendum was held on the development of Tempelhofer Feld. The development of the popular park planned by the Senate should be prevented by the plebiscite. A majority voted for the referendum and thus for the preservation of Tempelhofer Feld as a local recreation area and historical site. There were last headlines about the planned development of Tempelhofer Feld in autumn 2023, so the referendum is up for discussion.

The referendum on the expropriation of the real estate group Deutsche Wohnen took place during the 2021 federal election. The aim was to break the dominance of corporations like Deutsche Wohnen in order to prevent rents from skyrocketing and to maintain Berlin as a reasonably affordable place to live. As a basic service, apartments should be rented out by the city at controlled prices so that there is no Darwinian struggle for the scarce living space. The referendum received widespread support from the electorate. It has not yet been implemented and is no longer even discussed.

The last Berlin plebiscite was "Berlin 2030 climate neutral". The aim was to formulate a law that would oblige Berlin to comply with certain emission saving measures. The initiators must also have been very aware that the feasibility was only moderately good; the idea was certainly not least to be able to hold the city accountable for past failures. But none of that matters, because the referendum was actively sabotaged by the city of Berlin by not holding it parallel to the repeat election in February 2023, but more than a month later, even though it would have been possible to hold it in February.

The reason that referendums are often combined with elections is that they can increase participation. The only time the German Michel tends not to go to his polling station is for a referendum. If the plebiscite is added when an election is coming up anyway, it will have a huge impact on the number of participants. Scheduling the referendum on the climate law for Berlin on a separate date inevitably meant that the necessary quota was not reached. Here the population was partially denied the opportunity to make their own voice audible in a simple and low-threshold manner.

When Hubert Aiwanger said that the people should "take back democracy," it was treated like a despicable threatening gesture given his unjustifiable missteps in his previous life. But we need to think seriously about the state of a democracy in which we give power to people who can then act with impunity against the will of the voters and even ignore it when it is officially stated. The idea of representative democracy is noble and shows a belief in the good in people, but does not take into account the corruptibility of politicians, which always has to be taken into account in capitalism. When Julia Klöckner, then Minister of Food, praises Nestlé, it should be clear to every responsible citizen that something is wrong here. Whose interests should be represented here?

It is only worth arguing about longer terms of office if at the same time it enables greater participation of the population in other democratic processes. Imagine if we were now tied to the traffic lights for a total of six years instead of four and were practically at its mercy for the entire period when it comes to potentially existential debates such as arms deliveries or military conscription. Stability in a democracy can only exist if the population actually trusts the government and can intervene when that trust wanes. When politicians no longer just use easily digestible phrases and populist theses for election campaign purposes, only to be unable to be warned to comply once they are elected. When corporations, lobby associations and shady interest groups are disempowered. If this succeeds, a government no longer has to be so afraid of the Internet that it would need a law to promote democracy.

05/06/24
*Bent-Erik Scholz works as a freelancer for RBB