Der Groll der Abtrünnigen

Der Groll der Abtrünnigen

Die Regierung hat uns belogen. Corona war ein Fake. Und die Maßnahmen waren überzogen. Experten waren allesamt Schwindler und Betrüger.

Ich wünschte, es wäre so einfach. Dabei war die Lage zu Beginn der Corona-Pandemie kompliziert und anfangs waren wir alle überfordert. Vieles konnte man nicht wissen, anderes hätte man sich nicht vorstellen können. Bis auf ein paar Neunmalkluge, die von Anfang an wussten, was abgeht, waren wir als Gesellschaft dem Urteil der Fachleute ausgeliefert. Und die meisten haben ihnen zunächst geglaubt.

Von Serdar Somuncu
Rückblickend überraschte das Ausmaß der Dreistigkeit, mit der Politik und Wissenschaft agiert haben jedoch auch diejenigen, die gedacht haben, dass erst im weiteren Verlauf der Krise irgendetwas faul an der ganzen Sache war.
Immer strengere Maßnahmen gegen Kritiker und Ungeimpfte, beispiellose Diffamierungen, Kriminalisierung und Ausgrenzung führten dazu, dass auch die ehemals vernünftigen Stimmen zu zweifeln begannen und mundtot gemacht werden mussten.

,,Die Zeichen stehen alle darauf, dass wir bald das Plateau erreicht haben werden. Ich würde nicht alles öffnen, sondern stufenweise vorgehen. Der Einzelhandel war noch nie der Hauptübertragungsort von Infektionen. Deswegen ist es gerechtfertigt, wenn man ihn jetzt aus dem faktischen Lockdown herausholt."
Hendrik Streek  (Virologe und Mitglied der Expertenkommission, 10.02.2022)

Spätestens an diesem Punkt begann auch ich meine Haltung zu ändern und in die Gegenoffensive zu gehen. Denn es war nicht nur erschreckend zu sehen, mit welcher Leichtigkeit Politiker immer härtere Maßnahmen forderten, es war zugleich beängstigend, dass ein Großteil der Bevölkerung diese widerstandslos hinnahm.

,,Das, was wir gerade erleben, ist nichts anderes als der hilflose Umgang der Politik mit einer Pandemie, deren Ende so lange nicht abzusehen ist, wie wir immer wieder auf angebliche ultimative Lösungen setzen, statt auf eine stetige Anpassung der Maßnahmen, gemessen an den Zielen, die wir haben und den Gefahren, die wir vermeiden wollen.
Zahlen scheinen dabei nur noch eine untergeordnete Rolle zu spielen und die Macht, die man den immer gleichen Kommentatoren und Sendern gibt, ist so übergroß, dass eine weitere Verschärfung und Zuspitzung der Situation kaum zu vermeiden ist. Denn auch die mantrahaft wiederholten Narrative funktionieren nicht mehr. Anfangs war es noch die "Pandemie der Ungeimpften", dann sprach man von einer "verschwindend geringen Minderheit rechtsradikaler Esoteriker im Osten", die auf die Straße gehen, weil sie stur und sowieso unzufrieden mit dem System sind, jetzt verschweigt man einfach, dass es von Tag zu Tag immer mehr werden, die ihren Protest auf die Straße tragen, während die Methoden, sie zum Schweigen zu bringen, immer autoritärer werden."
(Mein Facebookpost vom November 2020)

Für diesen Text wurde ich später wegen angeblicher Verbreitung medizinischer Falschinformationen von YouTube gesperrt und von Facebook eingeschränkt.

Auf der anderen Seite standen Prominente und Politiker, die nicht nur bedingungslos hinter Maßnahmen standen, sondern auch Kampagnen unterstützten, deren Sinn aus heutigem Sinne mehr als fraglich war.

,,Wäre die Spaltung der Gesellschaft wirklich etwas so Schlimmes? Sie würde ja nicht in der Mitte auseinanderbrechen, sondern ziemlich weit rechts unten. Und so ein Blinddarm ist ja nicht im strengeren Sinne essenziell für das Überleben des Gesamtkomplexes."
(Sarah Bosetti, Bloggerin - Tweet vom 03.12.2021)

,,Klar ist aber, dass die meisten Ungeimpften von heute bis dahin entweder geimpft, genesen oder leider verstorben sind, denn das Infektionsgeschehen mit schweren Verläufen betrifft vor allem Impfverweigerer."
Karl Lauterbach (SPD, 28.10.2021)


"Wer sich nicht impfen lässt, ist ein asozialer Trittbrettfahrer"
(Eckhard von Hirschhausen Arzt und Kabarettist, Die Welt 08.09.2020).

,,Ich hingegen möchte an dieser Stelle ausdrücklich um gesellschaftliche Nachteile für all jene ersuchen, die freiwillig auf eine Impfung verzichten. Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen."
Nikolaus Blome (Leiter des Ressorts Politik & Wirtschaft bei RTL und n-Tv, 7.12.21)

,,Wir müssen jetzt wirklich alles tun und alle Mittel ergreifen - und genau das ist Verhältnismäßigkeit - um die Pandemie zu bekämpfen. Eine Minderheit der Impfunwilligen nimmt die Mehrheit der Gesellschaft in Geiselhaft. Das gefährdet die Freiheit von 80 Prozent der Bevölkerung. Das ist ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit von 80 Prozent der Bevölkerung."
Peter Dabrock (Vorsitzender des Deutschen Ethikrates, 22.11.21)

Ausgangssperren, Demonstrationsverbot und immer absurdere Regeln, schließlich die Forderungen nach Einführung einer Impfpflicht waren nur die unrühmlichen Spitzen. Viel schlimmer waren der Argwohn, das Misstrauen und die Wut, die auf beiden Seiten der mittlerweile gespaltenen Bevölkerung existierten.


Heute weiß man, dass vieles von dem, was gesagt und behauptet wurde, heiße Luft war. Ob es die Diskussionen über die Wirksamkeit der Impfung war oder das Tragen von Masken schützen sollte, Medien in Tateinheit mit angeblichen Experten haben für eine große Hysterie gesorgt. Vielmehr noch, sie haben vehement striktes und rigides Durchgreifen gegen Abweichler und Zweifler gefordert. Verglichen mit der Gleichgültigkeit, die sie gegenüber der desolaten Situation in den Krankenhäusern und den Mangel an Pflegepersonal aufwiesen, war das alles nicht nur unverhältnismäßig, sondern auch willkürlich und falsch. Man hatte zunehmend das ungute Gefühl, in einer permanenten Ausnahmesituation zu sein, die jegliche Stützen des Rechtsstaats aufhebt und abschafft.

Abgesehen von den wirtschaftlichen Schäden wurde der Glaubwürdigkeitsverlust der Politik gegenüber seinen Bürgern auch immer größer, bis es am Ende in blanke Wut umschlug. Eine Wut, die sich bis zum heutigen Tage nicht beruhigt hat. Die Bilder von Polizisten, die auf unschuldige Bürger einschlagen, die Arroganz, mit der die Verantwortlichen sprachen und die Mithilfe der Presse und Medien sind bis zum heutigen Tage vielen in Erinnerung geblieben. Sie sind eine Mahnung dafür, wie anfällig wir alle für scheinbar unmöglich gehaltene gesellschaftliche Fehlentwicklungen sind. Der Staat, dem wir vertrauen sollten, wurde immer autoritärer und der Widerstand gegen ihn immer berechtigter.

Und tatsächlich ist es so, dass man uns auch immer unterschiedliche Rettungswege versprochen hat - müssen wir jetzt nicht alles wieder aufrollen - aber von der Wirksamkeit der Impfstoffe wurde viel gesprochen, und es wurde auch viel revidiert und selbst diejenigen, die an vorderster Front dafür zuständig sind, diese Wirksamkeit den Leuten zu verkaufen und zu erklären, haben sich oft noch mal revidieren müssen. Dazu gehört der Chef der Stiko, dazu gehört auch Karl Lauterbach. Dazu gehört auch Christian Drosten und viele andere. Also ist das, was ich unter Realismus jetzt verstehe, die Zweifel der Leute nicht nur mitzutragen und auf die Straße zu gehen und sich auf ihre Seite zu stellen, sondern mindestens ernst zu nehmen und ihnen bessere Erklärung zu geben als die, die mittlerweile gegeben wurden oder nicht mehr gegeben werden, denn es geht gar nicht mehr um Erklärung. Ich habe ich das Gefühl, es geht im Moment einfach nur noch um Machtkampf zwischen den Regierenden und einer großen Mehrheit derer, die meinen, es richtig gemacht zu haben und einer kleinen Minderheit derer, die meinen, es richtiger zu machen, und das kann ja nicht der Weisheit letzter Schluss sein, dass wir uns jetzt unversöhnlich gegenüberstehen und darauf warten, dass der andere einknickt und dass tut, was wir von ihm verlangen, sondern wir müssen praktikable und gerechte Lösung finden, die für jeden gelten und du hast eben gesagt, es gebe keinen Druck oder keinen Zwang, oder wie du es auch immer genannt hast. Natürlich gibt es Druck. Du hast es doch selbst eben genannt, in Österreich. Hohe drastische Strafen 3000 EUR bis zur Beugehaft, also mal ganz abgesehen davon, wie willst du das umsetzen? Willst du die Leute inhaftieren, die sich jetzt nicht impfen lassen wollen? Willst du sie reihenweise tausender Weise ins Gefängnis stecken?"

Und weiter.

,,Wir haben ein beträchtliche Potenzial von Menschen, wie viele das auch immer sein mögen, die sich weigern oder unzufrieden sind oder einen anderen Weg möchten und auch ich bin der Meinung, es gibt andere Lösungen, das hab ich schon oft gesagt, wie zum Beispiel in der Schweiz, wo es eine Steuer gibt, die Ungeimpfte zahlen müssen, wie zum Beispiel die Möglichkeit, den Menschen die Kosten, die sie verursachen, selbst sie selbst tragen zu lassen. Es gibt andere Wege als eben diese Impfpflicht!"

(Ausschnitt aus dem RBB Podcast Schröder & Somuncu vom November 2022)

Dennoch. Es wäre falsch zu glauben, dass es nun an der Zeit für Rache ist und das es die richtige Antwort auf diesen Skandal sei. Der Groll der Abtrünnigen, so verständlich er auch ist, darf nicht in Genugtuung umschlagen. Denn damit begehen sie den gleichen Fehler wie ihre Gegner. Was wir jetzt brauchen, ist eine schonungslose Aufklärung und den Mut der Politik, Fehler einzugestehen. Aber daran mangelt es.
Solange zum Beispiel Gesundheitsminister Karl Lauterbach seine Versäumnisse zum lässlichen Irrtum verklärt, bleibt die Frage um Transparenz unbeantwortet. Vielmehr noch: Sie wird zur trotzigen Verschleierungstaktik einer elitären Kaste von Besserwissern und Moralisten.
Ein Minister, der einen Hehl daraus macht, dass seine unzähligen Talkshowauftritte keinem anderen Zweck dienen sollten, als Panik und Verunsicherung zu verbreiten, kokettiert mit der Apokalypse und verhindert bis zum
heutigen Tage, dass die Menschen in diesem Land zu ihrem Recht kommen. Nämlich endlich die Wahrheit über die Hintergründe der Corona Krise zu erfahren!

Dass dieses bedeuten könnte, dass manche Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, scheint vor allem denjenigen ein Dorn im Auge zu sein, die sich nur zu gut ihrer dubiosen Rolle während der Krise bewusst zu sein scheinen. Arrogante Wissenschaftler wie Professor Christian Drosten, Künstler wie die witzlose Mai Thi Kim oder hysterische Lautsprecher, wie der Gesundheitsexperte Janosch Dahmen von den GRÜNEN ahnen, dass ihre Rechtfertigungen nicht reichen werden, diese Auseinandersetzung zu überleben. Deshalb klammern sie sich stur an ihre scheinheiligen Ausreden und halten weiter die Lügen von der Überlegenheit der Besserwissenden aufrecht.

Hinzu kommt, dass die ohnehin schon angeschlagene Regierung um ihre Macht fürchten muss, weil sie sich zwischen sinnloser Solidarität zur Ukraine und fadenscheinigen Erklärungen zur ökonomischen Zuspitzung der Lage in Erklärungsnot befindet und hofft, dass die Zeit sie über die Ziellinie der nächsten Bundestagswahl retten wird. Eine Diskussion über die übertriebenen Maßnahmen würde dieses Konstrukt gehörig zum Wackeln bringen und Neuwahlen wären die wahrscheinlichste und glimpflichste Reaktion der Demokratie auf ihren dauerhaften Missbrauch während der Pandemie.

Es wäre zugleich aber auch der Versuch, die Bevölkerung zu versöhnen und seiner Verantwortung nachträglich gerecht zu werden. Nicht die Karte der existenziellen Bedrohung, die keine Kompromisse zuließ, weiter zu spielen und stattdessen die schonungslose und ungeschminkte Wahrheit auf den Tisch zu legen.

Es würde uns allen zeigen, dass Irren nachwievor menschlich ist, aber noch menschlicher wäre es, aus seinen Fehlern zu lernen.

28.03.24
©Serdar Somuncu
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*Serdar Somuncu ist Schauspieler und Regisseur
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